Arminius the Liberator

 

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Rache für Varus

 

Nachdem er den ersten lähmenden Schock überwunden hatte, reagierte AUGUSTUS schnell: Er verdoppelte sofort die Rheinarmee. Sie bestand nun aus 8 Legionen und großen Hilfskontingenten aus sieben verschiedenen Völkerschaften; daraus ergibt sich, wie ernst er den Sieg des Arminius nahm.

 

Gleich nach der Niederlage war TIBERIUS aus Pannonien zum Rhein beordert worden, teils um den kränkelnden AUGUSTUS zu entlasten, teils um an der Rheinfront gegen mögliche Germanenstürme stabilisierend zu wirken. Außer den üblichen Machtdemonstrationen unternahm er jedoch keine kriegerischen Handlungen. Dagegen gründete er drei große Truppenlager am Rhein, um den Mittelrhein nachhaltig zu sichern; außerdem schützten mindestens 13 Kastelle die Grenze nach Osten.

 

Um sich einen ungefähren Begriff von der an der Rheingrenze konzentrierten römischen Militärmacht zu machen, genügt es, nur einer jener typischen Legionslager am Beispiel Novaesium (Neuß) zu betrachten, das wahrscheinlich mit der XIX. Legion, einer der drei VARUS-Legionen, belegt war.

 

Dieser von TIBERIUS als die “modernste Lagerfestung” bezeichnete Stützpunkt diente mit seiner strategisch günstigen Lage an der Mündung der Erft in den Rhein als Schutzfestung und Brückenkopf für die geplanten Eroberungszüge ins Innere Germaniens.

 

Bei einer durchschnittlichen Abmessung in einem Rechteck von rund 450 x 650 m (27 Hektar) bot ein solches Standlager, das halb Festung, halb Kaserne war, Unterkunft für rund 11,000 Menschen und 3,270 Tiere. An allen vier Seiten lagen Doppeltürme mit Toren, mitten hindurch führte eine Hauptstraße (Via Principalis) , an deren einer Seite sich die Häuser der Militärtribunen (Stabsoffiziere) befanden. Ferner gab es Werkstätten von Schustern, Schneidern und Schmieden, ein Zeughaus, Kleiderkammern, ein Verpflegungsmagazin und Küchengebäude – Einrichtungen, wie sie auch in einem modernen Kasernement oder einer Festung zu finden sind. Im Zentrum lag das Haus des Legionskommandeurs (Praetorium), daneben befand sich die Verwaltungszentrale des Lagers mit Gerichtssaal und Fahnenheiligtum.

 

Die Belegschaft betrug bis zu 6,000 Infanteristen, 120 Kavalleristen, 2,000 weiteren Fußsoldaten, 700 Reitern der Auxiliarverbände (Soldaten aus dem gesamten Imperium) und rund 2,400 Verwaltungsbeamten. Dazu kamen etwa 2,450 Pferde und Lasttiere für den Troß. Im Durchschnitt kamen 500 Menschen und 100 Tiere auf einen Hektar Lagerfläche. Dem einzelnen Soldaten standen bei voller Belegung der Kasernenblöcke lediglich 2.5 qm zur Verfügung. Bei solch drangvoller Enge war ein Zusammenleben nur durch “äußerste Zucht, Ordnung und Disziplin” möglich.

 

Ein Lazarett mit Krankenzimmern und Operationsraum sorgte für medizinische Betreuung, Bäder und Tavernen für Hygiene und Unterhaltung der Besatzung.

 

Eine Legion dieser Größenordnung benötigte jährlich nicht weniger als 1,500 Tonnen Getreide (94 Güterwagen à 16 Tonnen), die von auswärts zugeführt werden mußten, ebenso Futtermittel und Streu für die berittenen Einheiten. Es waren also laufend große Verpflegungstrosse unterwegs. Stellte diese lebensnotwendige Versorgung der Truppe schon im Frieden ein Problem dar, so wurde sie zu einem ständigen Risiko, wenn die Legionen im Feindesland operieren mußten; denn die Gefahr der Abschneidung war immer gegeben.

 

Außerhalb der Lager weideten Herden von Tausenden von Schafen und Rindern, vermutlich gab es dort auch einen eigenen Schlachthof. Eine gleichfalls außen befindliche Veteranensiedlung für rund 400 Altgediente und Invaliden, ein Lagerplatz für Baumaterial, ein Pionierpark mit Brückenbaugerät sowie eine legionseigene Ziegelei und Töpferei waren dem Lager angegliedert. Wie mit den Legionsnamen bzw. –ziffern beschriftete, bleigegossene Schleudergeschosse beweisen, muß es auch eine lagereigene Munitionsfertigung gegeben haben; alles in allem ein Musterbeispiel minuziös organisierten römischen Militärwesens.

 

Inzwischen plant Rom für die nächsten Jahre seine Großoffensive gegen das noch freie Germanien; GERMANICUS wird sie vorbereiten und durchführen.

 

Überall im Reich werden Jahrgänge zur Verstärkung eingezogen, Hilfstruppen angeworben, sogar den Straßenpöbel ruft man unter die Fahnen. Große Pferdetransporte aus Gallien und Spanien sind im Anmarsch, Massen an Waffen und Rüstung aller Art werden produziert, Magazine angelegt, neue Straßen und Transportwege gebaut und alte instand gesetzt. Die gesamte römische Rüstungsindustrie läuft auf Hochtouren.

 

Der junge Feldherr kümmert sich wie einst sein Onkel TIBERIUS um jedes Detail. Mit Stolz fühlt er sich dazu ausersehen, die brennende Schmach der VARUS-Niederlage im Herzen aller Römer zu tilgen – er, GERMANICUS: Nomen est Omen! -, würde den Adlern Roms wieder neuen Glanz und ewigen Rum verleihen! In seinem Ehrgeiz wollte er es seinem erfolgreichen Vater DRUSUS gleichtun; doch was er noch lernen mußte, war, daß sich seit damals manches verändert hatte:

 

Die Germanen kämpften jetzt in größeren verbündeten Stammesverbänden.

Sie hatten in ARMINIUS einen glänzenden Strategen römischer Schule, der Stärken und Schwächen der römischen Armee genau kannte und danach seine Mittel, Guerillakrieg und Geländeausnützung, die er meisterhaft beherrschte, taktisch richtig und klug einzusetzen verstand.

 

Die römischen Legionen hatten den Nimbus ihrer Unbesiegbarkeit verloren. Sogar große Verbände und Elitetruppen erwiesen sich als schlagbar.

 

Gemeinsames, unter römischem Terror erlebtes und erlittenes Schicksal förderte das Zusammengehörigkeitsgefühl der germanischen Bevölkerung.

 

Betrachtet man die Angriffsrichtungen der drei großen Feldzüge des GERMANICUS in den Jahren 14, 15 und 16, so ergeben sich das Bild eines riesigen Einkreisungsplanes bzw. einer Zangenbewegung, bei dem schon die achtzehn Jahrhunderte später von MOLTKE benutzte Strategie “Getrennt marschieren – vereint schlagen!” vorweggenommen und praktiziert wird.

 

In Wahrheit sind dies als Rache- und Strafaktionen für die VARUS-Niederlage getarnte, brutale Eroberungskriege.

 

Roms Hauptziel war lediglich, die überlange und überdehnte Frontlinie seiner Grenze nach Osten zu begradigen, um sie mit viel geringeren Truppen halten zu können.

 

Der angestrebte Grenzverlauf sollte die Elbe aufwärts über Böhmen hinweg, in fast gerader Linie weiter die Marsch entlang bis an die Donau führen. Als erstes Nahziel wurde die Erreichung der Elbe bestimmt. Ohne ihren Besitz war auch das Hauptziel, die Grenze um gut 500 km zu verkürzen, nicht zu verwirklichen. (Die Gesamtlänge der damaligen Imperiumsgrenzen vom Atlantik bis Syrien, vom Ärmelkanal bis Afrika betrug etwa 13,000 km.)

 

Diese großangelegten, mit größtem Aufwand ausgestatteten, Expeditionen gleichenden Vorstöße – gleichsam in eine Terra incognita – wären ohne genaue Kenntnis über die geographischen Gegebenheiten des als “Germania transrhenana” bezeichneten Raumes bis tief ins Landesinnere hinein nicht möglich gewesen. Hier haben römische Geographen und Kundschafter in Zusammenarbeit mit Hãndlern, Kaufleuten, Seeleuten und einheimischen Helfern eine erstaunliche Leistung vollbracht. Der römische Generalstab muß über ein aus der Summe all dieser Recherchen entstandenes, relativ gutes Kartenmaterial verfügt haben. Leider sind die Berichte der Schriftsteller und Historiker meist zu allgemein gehalten, so daß es heute sehr schwierig ist, bestimmte militärische Aktionen genauer zu studieren. Hier kann nur die Spatenforschung oder der Zufall zu besseren und weiteren Erkenntnissen führen.

 

Zwischenziele waren für die Jahre 14 und 15: Alle mit den Cheruskern benachbarten und befreundeten Stämme wie Marser, Brukterer und Chatten einzeln derart zu schwächen, daß diese nicht mehr imstande waren, ARMINIUS zu unterstützen. Danach sollte als Endziel der letzte Vernichtungsschlag gegen ARMINIUS und sein Volk geführt werden, nachdem es seine Bundesgenossen verloren hatte. Mit dem Besitz des Cheruskerlandes stand dann einem Durchmarsch zur Elbe nichts mehr im Weg.

 

Voraussetzung für die verschiedenen Aktionen war, daß sie bis zuletzt geheim blieben. Sodann mußten die Angriffe überraschend, blitzschnell und tief erfolgen. Weiterhin mußte das eingenommene Gebiet in breiter Front durchkämmt werden, wobei die Bevölkerung weitgehend dezimiert und das Land verwüstet werden sollte. Das hieß Abbrennen der Siedlungen, gnadenloses Abschlachten derjenigen, die sich nicht mehr in den Schutz der Volksburgen in Wald und Moor flüchten konnten; das hieß Wegnahme des Viehs und Vernichtung der Erntevorräte, soweit man sie nicht gleichfalls raubte. Nach einer solchen “Strafaktion” wurde der betreffende Stamm für längere Zeit als potenzieller Gegner ausgeschaltet – er war allerdings hierdurch wohl kaum römerfreundlicher geworden, was sicherlich viel schwerer wog.

 

Als alle Vorbereitungen zum Beginn der Großoffensive getroffen waren, stellte eine äußerst blutige Meuterei (1) unter den niedergermanischen Legionen am Rhein das ganze aufwendige Unternehmen in Frage; nun rächte es sich, daß man üble Elemente eingestellt hatte. Neben den steten Forderungen nach höherem Sold, Verkürzung der Dienstzeit (sie betrug 20 Jahre) und weniger Schinderei und Schikanen forderten die Soldaten GERMANICUS auf, den Kaisertitel seines Onkels nicht anzuerkennen, worauf er jedoch nicht einging.

 

(1) Meuterei. Es handelte sich um die 5. und 21. Legion aus Castra Vetera (Xanten), die beharrlich den Dienst verweigert hatten. Dort hatten sich zwei Parteien gebildet, die sich in einem ungemein blutigen Gemetzel untereinander bekämpften, wobei sich die Wut besonders gegen die Centurionen richtete.

 

Nur mit beträchtlichen Zahlungen aus seiner Privatkasse gelang es dem Prinzen, die Revolte niederzuschlagen.

 

Als TIBERIUS im Jahre 14 den Thron besteigt, überschreitet GERMANICUS – übrigens ohne dessen Anordnung – noch im Herbst zum ersten Mal rumbegierig und rachedurstig zwischen Köln und Xanten den Rhein.

 

Seine Streitmacht besteht aus vier Legionen, 26 Kohorten Hilfstruppen (rund 13,000 Mann) aus sieben verschiedenen Völkerschaften und acht Reitergeschwaden (rund 4,000 Mann), insgeamt etwa 40,000 Mann.

 

Er will die augenblickliche Untätigkeit und Ruhe bei den Germanen nutzen. Gleichzeitig gedenkt er die durch die Meuterei angeschlagene Disziplin seiner Legionäre durch einen risikolosen Einfall ins Land der Marser (im Ruhr-Lippe-Gebiet) zu festigen; indem er ihnen im Morden und Beutemachen freie Hand läßt, sollen sie ihre verlorengegangene Soldatenehre wiederfinden – Blutrausch als Heilmittel für verlorene Ehre!

 

Die Marser sollen als erste für ihre Teilnahme an der VARUS-Schlacht bestraft werden. Da diese bereits fünf Jahre zurückliegt, denken jene natürlich nicht an eine Gefahr, geschweige denn an einen Feldzug der Rache.

 

GERMANICUS wählt das große Erntefest zu Ehren ihrer Göttin Tanfana (2) zum Zeitpunkt des Angriffs. Er stößt in Eilmärschen auf ihre Dörfer vor, umstellt sie und richtet bei einem nächtlichen Überfall under der schlafenden Bevölkerung ein gnadenloses Blutbad an. Dann gruppiert er seine 40,000 Söldner derart, daß Einheit neben Einheit in breiter Front vorgeht und er das gesamte Gebiet an einer Ausdehnung von etwa 75 km durchkämmt, das durch Brennen und Morden verwüstet wird. Fast niemand entkommt der rasenden Soldateska, die so gut wie ohne Verluste bleibt. Auch das von mehreren germanischen Stämmen hochverehrte Heiligtum Tanfara wird zerstört und dem Erdboden gleichgemacht. Es wurde also nicht etwa gekämpft, sondern nur gnadenlos vernichtet. (3)

 

(2) Tanfanafest, Kult der Erd- und Familiengöttin, des Erntedankes

und des Sommerausklangs.

 

(3) TACITUS, Annalen I, 51.

 

Sobald die Nachbarn der Marser, die Brukterer (Stamm zwischen Lippe und Ems), die Tubanten (Stamm von der oberen Lippe) und die Usipeter (vom Niederrhein bis Lippe und Ruhr), von den Greueln hören, geraten sie in ungeheure Wut und Erregung. Als der römische Heereszug auf dem Rückmarsch zum Rhein ein schluchtenreiches Waldgebiet durchqueren muß, überfallen sie mit großer Macht die Nachhut. Große Verwirrung und Verluste entstehen; wahrscheinlich entgeht GERMANICUS nur knapp dem Schicksal des VARUS, nur mit Mühe und Not kann die Kolonne in offenes Gelände entkommen.

 

Diese Strafaktion mit üblem Ausgang erregt den Ärger des TIBERIUS, weil GERMANICUS die Marser völlig eigenmächtig und ohne rechtlichen Grund angegriffen hatte. Auch die Zerstörung eines so berühmten Heiligtums wird er als unnötige Provokation scharf verurteilt haben, denn solche Schändung heiliger Stätten bewirkte nur noch mehr Haß gegen Rom und stärkte das Gemeinschaftsgefühl der Germanen.

 

Im Frühjahr des Jahres 15 überquert GERMANICUS zum zweiten Mal den Rhein. Nach seinem Plan, zuerst die Bundesgenossen des ARMINIUS auszuschalten, um diesen dann um so leichter zu vernichten, fällt er mit seinem General CAECINA, jeder mit vier Legionen und 7,000 Mann Hilfstruppen, ins Gebiet der Chatten (4) ein. Parallel hierzu laufen seine Hauptrüstungen für eine Strafexpedition im Sommer gegen die Brukterer (Münsterland, Sauerland). Nach Wiederherstellung eines zerstörten Kastells im Taunus überrumpelt er die Chatten so unerwartet schnell, daß diese an Ort und Stelle niedergemetzelt oder gefangen werden. Doch scheint es sich mehr um Alte gehandelt zu haben und nicht um die waffenfähigen Krieger, denn die erschweren danach den Römern den Flußübergang über die Eder, um Zeit für Flucht von Frauen und Kindern zu gewinnen. Sie können sich einem massiven Gegenangriff entziehen und sind später wieder kampfstark anzutreffen.

 

(4) Hessen; Hauptort Mattium (Metze), nördlich von Fritzlar an der Eder,

in der Nähe die mehrmals zerstörte Fluchtburg “Altenburg”.

 

ARMINIUS hatte beabsichtigt, den bedrohten Chatten Hilfe zu bringen, doch wurde er durch Abwehrangriffe des Generals CAECINA daran gehindert. Der Grund, die Chatten schon im Frühjahr anzugreifen, kann nur der gewesen sein, jene so schwer zu dezimieren, daß sie nicht mehr in der Lage waren, die Brukterer, die GERMANICUS im Sommer vernichtend schlagen will, zu unterstützen.

 

Nach erprobter Methode verbrennt GERMANICUS Mattium und verwüstet das offene Land. Als er sich anschickt, zum Rhein zurückzumarschieren, treffen Gesandte des Römlings SEGESTES bei ihm ein und bitten um seine Hilfe.

 

SEGESTES hatte inzwischen seine von ARMINIUS geraubte Tochter wieder heimgeholt und wird von ARMINs Leuten in seiner Burg belagert; dieser will seine Frau, die ein Kind von ihm erwartet, zurückerobern. GERMANICUS hält es der Mühe wert, den bewährten Römerfreund, der seinerzeit VARUS vor ARMINIUS gewarnt hatte, zu befreien.

 

Dabei kommt es zu jener folgenschweren Begegnung zwischen ihm und SEGESTES, in deren Verlauf sich der Cherusker unter die Obhut des römischen Reiches stellt. GERMANICUS gewährt ihm und seinem Anhang großmütig Asyl auf linksrheinischem Gebiet, während THUSNELDA, ARMINs hochschwangere Frau, als “Geisel” – besser als Gefangene – nach Italien gebracht wird. Nach Zurückführung des Heeres erhält GERMANICUS auf Antrag des TIBERIUS den Titel “Imperator” zugesprochen.