Arminius the Liberator

 

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FAQs

 

 

Die Invasionsflotte

 

Mit dem Bau der Flotte waren die bewährten Unterfeldherren CAECINA, SILIUS und ANTEIUS beauftragt worden – eine gigantische Aufgabe, wenn man bedenkt, daß während der nur vier Wintermonate – vom Baumfällen bis zum Stapellauf – annähernd eintausend Schiffe zu erstellen waren! Auch heute wäre ein ähnliches Unternehmen mit allen technischen Mitteln unserer Zeit kein geringes Problem.

 

Hierbei wird die Frage nach den technischen Daten interessant. Vergleicht man Bauzeiten des Altertums im Schiffbau, kommt man auf rund vier Monate für ein mittelgroßes seetüchtiges Fahrzeug. CAESAR berichtet, daß er im Laufe des Winters in den Jahren –53/54, nachdem das Bauholz beschafft war, mit seiner Flotte von 628 Schiffen – von denen 600 im Laufe des Winters gebaut worden waren – zu seiner zweiten Britannien-Expedition auslaufen konnte.

 

Das bedeutet - wenn seine Bauzeitangaben stimmen -, daß eine einzelne Erbauergruppe von etwa zehn Mann ein Schiff in diesem relativ kurzen Zeitraum hätte fertigstellen können, für 600 Schiffe heißt das eine Baugruppe von 6,000 Mann.

 

Somit hätten denn am Bau der gesamten GERMANICUS-Flotte während der Winter- und Frühjahrsmonate 15/16 nicht weniger als 10,000 Bautechniker und Handwerker beschäftigt sein müssen – eine Riesenzahl! Auch wenn die in den Legionen vorhandenen Handwerkertruppen, zum Beispiel Pioniere und Zimmerleute, sowie Marinesoldaten der Rheinflotte und im Schiffbau erfahrene einheimische Kräfte massiv mit eingesetzt wurden, muß die logistische und nautische Aufgabe noch immer äußerst schwierig für die Schiffbauingenieure gewesen sein. Sie war nur zu lösen, wenn man bezüglich der Bauart und Tonnage drei stark vereinfachte Schiffstypen entsprechend ihrer speziellen Verwendung konstruierte. (Eine ganz ähnliche Lösung wurde während des Zweiten Weltkrieges von den Alliierten gefunden, als sie aufgrund der gewaltigen Tonnageverluste durch die deutschen U-Boote den stark vereinfachten Transporter-Schiffstyp der sogenannten “Victory”-Klasse einführten.)

 

Die militärisch-nautischen Forderungen waren umfangreich: Es sollten keine Kriegsschiffe, sondern bauchige Flußschiffe, sogenannte “Actuarien”, hergestellt werden, als Transporter für:

 

Mannschaften,

Pferde,

Proviant- und Ausrüstungsnachschub.

 

Die GERMANICUS-Flotte bestand also fast ausschließlich aus Lastschiffen.

 

Alle Typen sollten bei einem möglichst hohen Fassungsvolumen gleichzeitig einen niedrigen Tiefgang und einen flachen Kiel haben, wollte man doch so weit wie möglich in die germanischen Flußläufe hineinfahren und am Ufer gleitend auflaufen können.

 

Weil es sich um Flußschiffe handelte, konnte die Reling tiefer und der Rumpf breiter als normal gehalten werden, was sich dann bei der Fahrt über See als stabilitätsmindernd auswirkte. Sie sollten sowohl ruder- als auch segelbar sein und darüber hinaus mit Kampfaufbauten für Skorpione gegen Angriffe vom Ufer her ausgerüstet werden. Um bei Gefahr kein riskantes Wendemanöver durchführen zu müssen, wurden jeweils auch am Bug zusätzliche Steuerruder angebracht.

 

Wenn die beratenden Fachleute des GERMANICUS die Zahl von tausend Schiffen für erforderlich hielten, dann mußten sie von dem benötigten Stauraum für Truppen einschließlich Pferden und Gerät sowie dem Nachschub ausgegangen sein, der sich wiederum nach der voraussichtlichen Dauer des Feldzuges richten mußte. Alles in allem erforderte das gesamte Großprojekt eine Vielzahl von nautischen, technischen, militärischen und logistischen Überlegungen, die eine Vielzahl exakter Berechnungen nach sich zogen.

 

Die Tonnage betrug je nach Flußtiefe 30 bis 1,300 Tonnen. Wenn man Zahlen von CAESARs erster Britannien-Invasion zugrunde legt, so verlud er zwei Legionen zu je 6,000 Mann auf 80 Schiffe; das heißt, daß auf 1 Transporter rund 150 Mann und etwa 33 Pferde kamen. Überträgt man diese Belegungsstärke auf die GERMANICUS-Flotte, so benötigte man bei einer Stärke von rund 90,000 Mann Kampftruppen, 20,000 Pferden und 960 Fahrzeugen einen Stauraum von gut 600 Schiffen.

 

Für diese wie für den dazugehörigen Fuhrpark von 8,500 Troßfahrzeugen samt Troßsoldaten und rund 17,000 Troßpferden haben militärische Logistiker für einen Frühjahrs- oder Sommerfeldzug von etwa drei bis vier Monaten Dauer allein für Lebens- und Futtermittel ein Transportvolumen von an die 25,000 Tonnen ermittelt. Natürlich ist diese recht hoch erscheinende Zahl nur für die volle Kriegsstärke einschließlich zusätzlicher Hilfstruppenkontingente zu verstehen. Sie mag aber auch durchaus zutreffen, da hierbei noch nicht die Nachschubmengen an Waffen, Munition und Ersatzteilen aller Art sowie das Sanitätsmaterial, die schweren Waffen (Geschütze) und das Pioniergerät berücksichtigt sind. Um diese Ladungen zu verteilen, waren weitere 400 Schiffe nötig, wobei auf jedes einzelne etwa 64 Tonnen Last (4 Bahngüterwagen à 16 Tonnen.) Das waren dann insgesamt rund 1,000 Schiffe.

 

Nach all dem erscheint die zunächst überraschend hohe Anzahl von Transporten durchaus glaubhaft. Wahrscheinlich wurden auch die noch verbliebenen Teile der Rheinflotten mit geringen Umbauten eingesetzt.

 

Weiter mußte bedacht werden, daß die Troßfahrzeuge zerlegbar zu konstruieren waren, um Platz zu sparen; sie mußten sogleich nach der Anlandung zusammengebaut werden, um sie der jetzt zu Lande marschierenden Truppe nachführen zu können.

 

Was die Schiffsausrüstung betrifft, hatte wahrscheinlich Spanien Beschläge, Segel und Taue zu liefern; dort wurde nämlich das für die Herstellung der Schiffstakelage benötigte, widerstandsfähige Esparto-Gras erzeugt, das sich auch bei Salzwassereinfluß bewährt hatte.

 

Der Standardtyp der Flotte bestand, wie gesagt, aus sogenannten “Actuarien”. Dieser Typ wurde durch 15 Ruderer an jeder Seite angetrieben; hieraus läßt sich ihre ungefähre Länge von 20 bis 23 m und eine mittige Breite von etwa 6 m abschätzen. Sie besaßen ein kurzes Vorder- und Achterdeck, worauf sich neben einzelnen Kanzeln mittschiffs auch Kampfstände für die Pfeilgeschütze oder Bogenschützen befanden. Auf durchgehende geschlossene Decks konnte man wohl bis auf den trocken zu haltenden Proviant für Mensch und Tier weitgehend verzichten, was einer größeren Nutzlast zugute kam. Vielleicht hatte man die Vorräte einfach mit den ohnehin mitzuführenden Truppenzelten abgedeckt, in die sie nach der Anlandung dann umgelagert wurden.

 

Ob die Rudermannschaften durch über ihnen angelegte, vom Bug zum Heck führende Laufstege entlang der Reling abgedeckt wurden, ist nicht bekannt; in den gewiß offenen Pferdetransportern war sie vielleicht durch Trennwände geschützt, je nach dem Schema, wie man die Tiere im Schiffsraum verteilte und anleinte.

 

Um 33 Pferde in einem Lastschiff bestmöglichst transportieren zu können, waren jemals 3 bis 5 Tiere nebeneinander in Längsrichtung an von Backbord zu Steuerbord gehenden Balken derart angebunden, daß sie sich gegenüberstanden. Verladen wurden sie mittels einer Rampe direkt über die Reling.

 

Nimmt man bei der damaligen Kleinwüchsigkeit der Pferde eine Durchschnittslänge von 205 cm an und rechnet noch entsprechenden Raum für Bewegungsfreiheit und Futter hinzu, so kommt man exakt auf eine Schiffslänge von ca. 23 m, die auch belegt ist.

 

Ihre Ausrüstung mit doppelter Bug- und Hecksteuerung und ihr relativ niedriger Tiefgang (70 cm unbeladen, 90 cm beladen) machten die Aktuarien bei plötzlicher Richtungsänderung wendiger als die schwerfälligeren Kriegsschiffe mit einem Tiefgang bis zu 1.50 m. Die Besegelung erfolgte durch ein viereckiges Rahsegel, das etwa 14 m breit und 10 m hoch war; der Mast hatte etwa die Länge der Segelbreite. Neben den speziell für den Fußmarsch konzipierten Aktuarien werden sicher auch einige der sogenannten “Liburnen”, mittelgroße Kampfschiffe mit geringem Tiefgang (75 bis 90 cm) den Transportkonvoi als Bewacher begleitet haben. Diese waren etwa 21 bis 23 m lang und bei einer Breite von ca. 3,50 m mit einem Rammsporn ausgerüstet. Angetrieben wurden sie von in zwei Reihen übereinander angeordneten Ruderern, 22 m auf jeder Seite, sie waren also Schnellruderer, aber auch völlig segelfähig. Kapitän, Segelmeister, 4 Matrosen und 16 Marinesoldaten bildeten die übrige Besatzung. Am Anlandeplatz werden sie als eine Art “schwimmende Festung” die Verpflegungszelte am Lagerufer beschützt haben.

 

Angeführt wurde der ganze Flottenverband vom Flaggschiff des GERMANICUS. Dieses war eine “Triere”, ein besonders schneller Dreiruderer. Der von ihm benutzte Typ ist unbekannt. Der größten Ausführung, bei der eine 150köpfige Rudermannschaft – keine Sklaven – versetzt auf Bänken übereinander (auf jeder Seite 3 x 25) saß, wird er eher ein für sein Vorhaben geeignetes, wendigeres Flußkampfschiff mit 72 Ruderern (auf jeder Seite 36) vorgezogen haben. Die Länge eines solchen Typs betrug etwa 35 m, die Breite 5 bis 6 m, bei einem Tiefgang von 1,00 m und mehr. Wie alle größeren Kampfschiffe war sie mit einem Rammsporn und Kampfständen ausgestattet. Außer den Ruderern gliederte sich die Besatzung in nautisches und militärisches Personal, 12 Matrosen einerseits und 80 bis 90 “Marineinfanteristen” andererseits.

 

Da die Römer auch im Seekrieg ihre militärische Überlegenheit zu Land nutzen wollten, verlegten sie die Technik des Landkampfes auf die Schiffsplanken, Die Legionäre fochten dann wie gewohnt mit Schwert und Schild, von Deck zu Deck, Mann gegen Mann.

 

Für den seemännischen Teil war einKapitän mit einem Ruderer und einem Segelmeister verantwortlich, für die Seesoldaten wie beim Heer ein Centurio. In nautisch bedingten Situationen war der Kapitän auch Chef über die Marineinfanteristen.

 

Im Achterschiff lagen die Kabinen für den Feldherrn und die Schiffsoffiziere, auf dem Achterdeck befand sich eine zeltartige Laube. Dort oder auf dem Vorderdeck war eine turmartige, zinnenbewehrte Holzkonstruktion aufgebaut, die mit aufgemalten Steinquadern einen gemauerten Kampfstand imitierte. Von dort aus konnten Pfeilgeschütze, Bogenschützen oder Speerwerfer aus überhöhter Position Angreifer abwehren.

 

Auch die Triere konnte wie eine Liburne und die Aquarie durch ein großes Viereck-Rahsegel bewegt werden.

 

Auf allen Schiffen muß eine drangvolle Enge geherrscht haben; die Mannschaften schliefen nebeneinander an Deck oder bei ihren Pferden und Kampfständen.

 

Die Anlandung für die Ausgangsbase mußte in einem möglichst ruhigen Wasser stattfinden. Daß diese eher an der mittleren Weser oder in der Nähe der Porta Westfalica gelegen haben können, ist sehr viel wahrscheinlicher als an der Ems; denn dann hätte das gewaltige Heer mitsamt seinem ganzen Nachschub die größte Strecke von 230 km von der Ems bis an die Weser in einem Fußmarsch von mindestens zehn Tagen und in einer Marschlänge von 60 km zurücklegen müssen, was GERMANICUS ja, aus Sicherheitsgründen und um die Truppe zu schonen, gerade vermeiden wollte.

 

Außerdem wäre das Überraschungsmoment entfallen und die Logistik wäre durch diese Verlängerung insofern erheblich erschwert worden, weil allein für diese 10 bis 12 Tage zusätzlicher Proviant für Menschen und Tiere in einer Marschlänge von 30 km hätte nachgeführt werden müssen.

 

Ferner hätte sich ARMINIUS ganz bestimmt nicht die günstige Gelegenheit entgehen lassen, einen schwerfälligen und langen Heerwurm von etwa 90 km Gesamtlänge von den Höhen des Wiehengebirges herab laufend anzugreifen oder die endlosen Verpflegungskolonnen abzuschneiden. Damit hätte GERMANICUS niemals – wie geplant – “mit frischen Kräften und ohne blutige Verluste” das Cheruskerland erreicht.

 

Weiter wäre der Landmarsch von Castra Vetera (Xanten) bis zur Mittelweser über Haltern-Oberaden-Bielefeld-Porta noch um 50 km kürzer gewesen, als die Strecke ab der Emsmündung gerechnet. Somit hätte sich der ganze ungeheure materielle Aufwand nur bei Benutzung der Weser als Anmarschweg gelohnt. Mit ziemlicher Sicherheit ist anzunehmen, daß der Ankerplatz eines Teils der Versorgungsflotte etwa in der Gegend von Verden (1), der andere Teil weiter südlich an der Ausgangsbasis zum “Unternehmen Elbe” in der Nähe von Porta zu suchen ist, wo sich die große West-Ost Verbindung des “Hellweges” als kürzeste und marschfeste Strecke anbot. Diese Fern- und Handelsstraße führte bei Minden seit alters her über eine Furt in ostwärtiger Richtung am Harz vorbei bis zum Elbstrom.

 

(1) Vermutlich in der Wümme-Niederung, in der sich damals ein mit der Weser verbundener Großsee befand, wo die Lastschiffe in ruhigem Wasser unter optimalen Bedingungen entladen werden konnten.

 

Hier wäre demnach die günstigste Stelle für einen Brückenkopf mit Brückenschlag denkbar, wo GERMANICUS die Weser zu Beginn seiner Großoffensive überschreiten konnte. (Auch KARL DER GROSSE hat “bei Minden” (Minda) d.h. an dieser Stelle während der Sachsen-Kriege viele Male die Weser überquert.) Um die Schiffe möglichst zusammenzuhalten und nicht zu weit auseinanderzuziehen, bot sich vielleicht der Raum nördlich des Weserdurchbruchs an. Dort teilte sich damals der Strom in drei breite, stark ausgebuchtete, heute längst verlandete, von Sandbänken durchzogene Flußläufe, wo das Wasser ruhiger floß und einen idealen Ankerplatz auf relativ eng begrenztem Raum abgab.

 

Denn hätten die tausend Schiffe Rumpf hinter Rumpf entlang dem Ufer des schnellfließenden Stromes festgemacht, würden sie nicht weniger als eine Anlegestrecke von etwa 30 km beansprucht haben. Ankerte man im “Paket”, also Bord an Bord, kam man immer noch auf 15 km Ausdehnung – alles andere als ein günstiges zentrales Versorgungsdepot; außerdem wäre man dann weiter zur Flußmündung gekommen, wo die Strömung viel zu reißend war. Nach der Anlandung wurden die Schiffe wohl nur von ihren nautischen Besatzungen bewacht, das Gros der Marineinfanterie wird den Kampfgruppen der Legionen zugeordnet worden sein.

 

Die tatsächlichen Kosten des ehrgeizigen Mammut-Bauprograms der GERMANICUS-Armada wird kaum abschätzbar – sie müssen enorm hoch gewesen sein. Die Planung und Durchführung war allerdings eine höchst bewundernswürdige organisatorische und technische Meisterleistung. Daß das gigantische Unternehmen “Flußmarsch”, das durchaus als “die größte amphibische Kampflandung der Antike” angesehen werden kann, letztendlich doch zu keinem echten Erfolg geführt hat, gehört mit zum glücklos-tragischen Schicksal des GERMANICUS.