Arminius the Liberator

 

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FAQs

 

 

Der Feldherr Arminius

 

In allen Kämpfen gegen die Römer wendet ARMINIUS jene taktischen Maßnahmen an, die der minderen Anzahl seiner Truppen, der unvergleichlich schwächeren Bewaffnung und der kaum vorhandenen soldatischen Ausbildung und Disziplin seiner Bauernkrieger aufs geschickteste angepaßt sind. Er handelt dabei im wesentlichen stets nach demselben Prinzip: den Gegner durch Anwendung verschiedener, aber jeweils auf die besonderen Verhältnisse zugeschnittener Kampfmethoden und –mittel in eine für ihn nachteilige Lage zu bringen, die es ihm unmöglich macht, seine volle Kampfkraft zu entwickeln, und ihn dann zu bezwingen.

 

Es sind dies Formen einer Kriegsführung, wie sie mit Erfolg im Korea- und Vietnamkrieg und dort ebenfalls gegen einen weit überlegenen Feind angewandt wurden.

 

Hierin lag die Stärke der – als Naturmenschen in Wald, Moor und Bergland aufgewachsenen – Germanen; in offener Feldschlacht jedoch und in der Belagerungstechnik wären sie kläglich gescheitert. Zwar konnten sie mit ihrer üblichen Angriffstaktik des “Eberkopfes” – einer in Form eines Spitzkeils gebildeten Schlachtformation – im ersten stürmischen Gewaltdurchbruch gewisse Folge erzielen, doch gegen die Schildmauern kriegserfahrener, gepanzerter Berufs- und Elitesoldaten vermochten sie ebenso wenig zu erreichen wie gegen die Gräben, Wälle und Geschütze einer zur Verteidigung bereiten römischen Lagerfestung.

 

Der zum römischen Offizier ausgebildete ARMINIUS wußte um diese Schwächen und hat sich stets davor gehütet, seine Gegner allein durch blinde, rohe Gewalt bezwingen zu wollen. Seine kluge und den Umständen angepaßte Kriegführung läßt klar erkennen, daß er ein Meister in der Wahl taktischer Methoden und Manöver gewesen ist und sich genial und (soverän) souverän vieler Mittel bediente, die bis in unsere Zeit in der modernen Landkriegführung praktiziert werden. Man erkennt mühelos folgende von ARMINIUS angewandte Formen der Taktik:

 

Zermürbungstaktik: Pausenlose Störung des Gegners während des Marsches – um die schwerbepackten Legionäre physisch und psychisch zu erschöpfen, ließ man sie auch des Nachts nicht zur Ruhe kommen.

 

Scheinangriff und scheinbare Flucht: Täuschung des Gegners – ihn zu einer für ihn schädlichen Umgruppierung seiner Kräfte und zum Nachsetzen zu verleiten, um ihn dann in einen Hinterhalt oder in eine Geländefalle zu locken.

 

Flankenangriff: Angriff auf die offenen Flanken des nachsetzenden oder in langgezogener Formation marschierenden Gegners in geeignetem Gelände, zum Beispiel vom dichten Wald oder von Berghängen aus. In derartigen Lagen hat ARMINIUS gern die Taktik angewandt, gleichzeitig die Vorhut, die Nachhut und den Troß vom Gros der Hauptkolonne zu trennen, zu umzingeln und einzeln niederzukämpfen.

 

Umgebung: Vorwiegend durch Reiterei oder in Eilmärschen, oft unter gleichzeitiger Anwendung eines Scheinangriffs.

 

Reservebildung: Mehrere Kampfaktionen lassen erkennen, daß ARMINIUS auch die Bildung von Reserveverbänden kannte und wie in der römischen Armee angewendet hat – an deren Fehlen einst ARIOVIST gegen G.J. CAESAR scheiterte.

 

Überraschungsmoment auf Schockwirkung: Urplötzlicher Angriff aus einem Hinterhalt, blitzschnelles Zuschlagen und Verschwinden. Schockwirkung wurde schon zu Urzeiten angewandt, wenn sich Krieger Gesichter und Körper durch Bemalung, Tätowierung und Maskierung verfremdeten. Stießen sie unverhofft auf den Gegner, lösten sie ein solches Erschrecken aus, daß dieser, ehe er sich gefaßt hatte, den lebensentscheidenden Augenblick ohne Reaktion blieb und somit leichter überwältigt werden konnte. Ein solch lähmender Schock mit verheerender Wirkung muß die Legionäre in der VARUS-Schlacht ergriffen haben, als sie sich plötzlich von ihren eigenen Hilfstruppen angegriffen sahen. Ob sich germanische Krieger ähnlich wie die Britannier einer Art Kriegsbemalung bedienten, ist fraglich; es wäre mit Bestimmtheit als Besonderheit überliefert worden.

 

Hinhaltender Widerstand: Den Gegner zum Stehen bringen und möglichst lange aufhalten, um für rückwärtigen Stellungsbau, neue Bereitstellungen oder die Vorbereitung von Gegenstößen Zeit zu gewinnen.

 

Geländenutzung: Eines der am stärksten und oft sogar schlachtentscheidenden eingesetzten militärischen Mittel des ARMINIUS in seiner Guerilla-Kriegführung ist die vollkommene Nutzung der jeweiligen, naturgegebenen Geländebeschaffenheit und die Ausnutzung von Naturkräften.

Ihm, der die heimische Umgebung mit dem wachen Auge des vorzüglichen Strategen zu sehen gelernt hat, sind die Wälder, Moore, Bergschluchten, Engpässe und Wasserläufe die verläßlichsten Bundesgenossen, die er vollendet nutzt. Seine Krieger, eine von Kindesbeinen an mit der Natur vertraute und verwachsene Mannschaft, sind noch mit “natürlichen” Instinkten ausgestattet, abgehärtet und an körperliche Strapazen gewöhnt. Allesamt sind sie Meister im Improvisieren von Hinterhaltfallen, wie zum Beispiel rasch erstellten Holz-Erde-Werken an Geländeengen, zwischen Gewässern, Bergformationen oder Mooren, und von Wegesperren, die gefährliche Hindernisse für die durchziehenden römischen Marschkolonnen darstellten. Baumverhaue und Stein-Holz-Lawinen werden in Schluchten und Bergpässen eingesetzt. Großflächige militärische Vorteile hat sich ARMINIUS auch durch das Anstauen von Wasserläufen verschafft.

 

Daneben betreibt ARMINIUS die Anlage von festen Stützungen, entweder im Ausbau von schon von der Natur festungsartig gebildeten Bergplateaus, wie wir sie im Wiehen-Weser-Gebirge und im Weserbergland vorfinden oder inmitten von Mooren mit geheimen Zugängen. Diese Stützpunkte setzt er für den Nachschub an Kriegern, die Versorgung mit Lebensmitteln und Waffen sowie die Pflege von Verwundeten und als Ruhestellung für die abgekämpften Truppen ein.

 

Während die Römer die unübersichtliche Geographie Germaniens und dessen Geländebeschaffenheit erst durch Kundschafter mühsam erforschen lassen und sich auf die häufig nicht verläßlichen Angaben von Gefangenen und Überläufern stützen müssen, kann sich ARMINIUS nicht nur auf seine eigenen Kenntnisse verlassen, sondern auch auf landeskundige Helfer und Pfadfinder, die Weg und Steg von Jugend an genau kennen. Er muß mit seinem Stab eine für uns heute kaum faßbare Detailkenntnis der topographischen Eigenheiten jener Räume besessen haben, in denen sich die Kampfhandlungen abspielten. Wie sonst wäre er fähig gewesen, dem Gegner auch in den schwierigen Lagen jederzeit das Gesetz des Handelns aufzuzwingen!

 

ARMINIUS versteht es fast immer, die angeführten taktischen Mittel in vielen Variationen und mit überraschend sicherem Gespür für die jeweilige Gefechtslage anzuwenden. Dank seiner Fähigkeit, sich in die mutmaßliche Planung des Gegners hineinzuversetzen und dessen Reaktionen vorauszusehen, ist er fast immer in der Lage, die notwendigen Vorbereitungen für seine Schlachtdisposition zu treffen, die er dem Gegner aufzwingt. Nur dadurch gelingt es ihm, den rüstungstechnischen und zahlenmäßigen Vorteil der Römer auszugleichen.

 

Das Nachrichtenwesen des ARMINIUS muß hervorragend ausgebildet gewesen sein und bestens funktioniert haben. Außer der eingeborenen Bevölkerung, die ihm jede Veränderung bei den Römern sofort meldete, muß er noch reitende Kuriere und wahrscheinlich sogar einen Stafettendienst für Eilmeldungen gehabt haben, um mit den weiter entfernten Bundesgenossen ständige Verbindung halten zu können – sonst wären seine großen Truppenversammlungen nicht möglich gewesen.

 

Die Brukterer, Marser, Tubanten, Usipeter, Chatten und Angrivarier mußten wissen, wo und zu welcher Zeit sie loszuschlagen hatten. Es mußte ferner bedacht sein, daß diese Stämme daheim nur abkömmlich waren, wenn sie sicher wußten, daß ihr eigenes Land während ihrer Abwesenheit nicht bedroht war, auch durften die Feldzüge möglichst nicht während der Erntezeit stattfinden.

 

Wenn er erst einmal von der Annäherung römischer Truppen unterrichtet war und seine Kundschafter Fühlung mit ihnen aufgenommen hatten, konnte er jede Bewegung aufgrund der ihm laufend zugehenden Feindmeldungen kontrollieren, danach seine Schlußfolgerungen ziehen und die entsprechenden Maßnahmen ergreifen.

 

Da sich die Römer trotz sicherlich gut ausgebildeter Aufklärer und Späherdienste keineswegs auf ein so weitverzweigtes Nachrichtennetz stützen konnten, wie es ARMINIUS zur Verfügung stand – wobei diesem noch die weit bessere Ortskenntnis zugute kam -, war er dem Aggressor gegenüber stark im Vorteil, auch wenn er militärisch der Schwächere war.

 

Ganz sicher wird ARMINIUS auch Spione eingesetzt haben, die, als Überläufer getarnt, bei den Römern wichtige Dinge ausspähten sowie falsche Gerüchte und erlogene Meldungen verbreiteten, die den Feind verunsicherten und zu riskanten Maßnahmen verleiteten.

 

Auch ganz “moderne” Mittel - die man heute “psychologische Kriegsführung” bzw. “Propaganda” nennt – werden von ihm genutzt, um Unzufriedene unter den Hilfstruppen oder kriegsmüde Legionäre zum Überlaufen zu verführen. Man macht ihnen – nicht anders als in modernen Kriegen – günstige und verlockende Versprechungen. So wird vor Idistaviso versucht, die römische Kampfmoral zu schwächen, indem jedem Deserteur Landzuweisung, eine Frau und ein Tagessold von 100 Sesterzen angeboten wird. (Der Jahressold eines Legionärs betrug 900 Sesterzen.) Ein nicht zu verachtendes Angebot, das sich wohl mehr an germanische Söldner richtete. (1)

 

Nicht nur als hervorragender Taktiker, sondern auch als Planer militärischer Führungskunst im Großen – als Stratege – erweist sich ARMINIUS in seiner Aufforderung an König MARBOD, den Gegner im Osten anzugreifen, während er selber im Westen und Norden operieren will. Sie kann nur einem kräftezehrenden und kräftespaltenden Zweifrontenkrieg gegolten haben, dem selbst Rom wahrscheinlich auf Dauer nicht gewachsen gewesen wäre.

 

Vergleicht man die beiden Feldherren ARMINIUS einerseits und GERMANICUS andererseits in bezug auf ihre Führungsqualitäten, so ist eindeutig festzustellen, daß der Cherusker dem Römer und dessen Generalität mindestens ebenbürtig wenn nicht in vielen Fällen überlegen war. Der Sieg des ARMINIUS über VARUS war somit weder ein Zufallserfolg noch ein dem schäbigen Verrat geschuldeter, billiger Überrumpelungserfolg, sondern, wie seine nachfolgende Führungskunst bei Idistaviso, bei den Pontes Longi und am Angrivarier-Wall beeindruckend zeigt, eine große militärische Leistung.

 

Unbeugsamer Siegeswille, Härte gegen sich selbst, ein eisernes Durchstehvermögen auch in aussichtsloser und kritischer Lage und blitzschnelles Reagieren auf völlig unvorhergesehene Gefechtslagen beweisen sein überragendes Feldherrngenie.

 

Der nachfolgende Stoß des ARMINIUS in Richtung Rhein nach der “Teutoburger Waldschlacht” zeigt, daß er sich mit einem Teilerfolg nicht zufrieden gibt; jetzt war der Weg frei für eine großzügige Bündnispolitik, die er immer angestrebt hatte.

 

Daß er dieses, sein letztes Ziel, die Vereinigung der bedeutendsten germanischen Stämme vor allem mit den Markomannen unter MARBOD nicht erreicht hat, ist sicherlich nicht seine Schuld gewesen. Immerhin, daran gibt es gar keinen Zweifel – er war der Feldherr, dem trotz aller Widerstände von außen und innen das besttrainierte der damaligen Welt letzten Endes nicht gewachsen war.