Arminius the Liberator

 

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ARMINIUS – MARBOD – GERMANICUS

ARMINIUS und SIEGFRIED

 

Bei dem Versuch, ein zutreffendes Bild der Persönlichkeit des Cheruskers ARMINIUS zu gewinnen und zu einem angemessenen Urteil über seine geschichtliche Bedeutung zu kommen, ist man allein auf das Studium der Werke römischer Geschichtsschreibung angewiesen. Alles, was wir über ihn und seine Taten wissen, beruht auf diesen antiken Quellen. Obwohl jene oft recht allgemein gehalten sind und manchmal allzu novellistisch anmuten oder sich in Äußerlichkeiten erschöpfen, enthalten sie jedoch so viel sorgfältig gesammeltes wie urteilsscharf und relativ sachkundig kommentiertes, objektives Taschenmaterial, daß sich ein ziemlich zutreffendes Gesamtbild zusammenfügen läßt.

 

Vor allen hierbei anfallenden Überlegungen hat man von der für ARMINIUS geltenden Maxime auszugehen, daß für ihn von vornherein zwischen Germanen und Römern keine Anpassung und schon gar nicht eine Verschmelzung in Frage kommen konnte.

 

Vielleicht würde gerade er, der in mediterraner Zivilisation und Kultur aufgewachsen und mit ihr vertraut war, einer gleichberechtigen , fruchtbaren Partnerschaft, von der beide Teile profitierten, zugestimmt haben. Jedoch ein despotisches, herrschaftsbesessenes Regime, das mit kolonialen brutalen Methoden absolute Anpassung an seine rein egoistischen Interessen forderte und erzwang, das fremde Völker unter einem heuchlerischen Vorwand überfiel, entrechtete, ausbeutete, ja ausrottete – das konnte nur sein Todfeind sein!

 

Ganz anders entschieden hatten sich sein Bruder FLAVUS und der cheruskische Gaugraf SEGESTES, der Vater seiner Frau. Beide sind leidenschaftliche Befürworter der Vormachtstellung Roms, für die sie mit unterschiedlichen Mitteln kämpften. Der eine mit dem Schwert in der Hand – sogar gegen die eigenen Landsleute und seinen Bruder, der andere als überzeugter Rom-Fanatiker, auch wenn das eigene Volk dabei seine Identität und Freiheit für immer verlieren sollte. Ob beide krasse Opportunisten waren, sei dahingestellt.

 

Dagegen sind für ARMINIUS die eigene bäuerliche Kultur, die seit altersher bewährten Sitten, Gebräuche und die aus den Kräften der Natur gewachsene Religion, die hochgeachteten Wertevorstellungen und naturgegebenen Ordnungen, unter denen germanisches Leben ablief, unverzichtbare, ja: heilige Güter. Eine Abtretung all dieser für ihn existenziellen geistigen Grundlagen ist für ihn völlig undenkbar.

 

So entscheidet er sich für die kompromißlose, d.h. kämpferische Auseinandersetzung, bei der es um Tod oder Leben, Sklaverei oder Freiheit geht…

 

Will man die Persönlichkeit des ARMINIUS im Zusammenhang mit seinen Idealen, seinen politischen Vorstellungen und seinen militärischen Leistungen als Freiheitskämpfer bewerten, sind verschiedene Fakten zu berücksichtigen.

 

Dieser Mann hatte den unglaublichen Mut, ein unerhört gefahrvolles und eigentlich völlig aussichtsloses Wagnis zu unternehmen, nämlich mit geringen Kräften, ungleichen und schlechteren Waffen – nur von der Natur seiner Heimat unterstützt – die auf dem höchsten militärischen Stand aufgerüstete, bestgeführte und bestausgebildete Streitmacht des weltbeherrschenden Imperiums auf dessen Machthöhepunkt anzugreifen.

 

Und dies in einem aufreibenden Dauerkampf gegen die intriganten Cliquen seiner Adelsgenossen und gegen die Engstirnigkeit und Zögerlichkeit von Mitstreitern.

 

Als er klar erkannt hatte, daß das noch freie Germanien gleich den anderen Völkern mit Feuer und Schwert für alle Zukunft unterworfen, ausgebeutet und zu einer römischen Provinz gezwungen werden sollte, müssen die letzten Skrupel und Einwände bei ihm endgültig verdrängt worden sein – es mußte gewagt werden, es blieb keine andere Wahl!

 

Rom war nicht nur zahlenmäßig und materiell weit überlegen, es setzte auch immr wieder in seinem schon dreißig Jahre währenden, grausam geführten Eroberungskrieg unter ungeheurem Aufwand und Einsatz aller nur erdenklichen Mittel seine geballte, waffentechnisch perfekt durchorganisierte Militärmaschine ein, mit Armeen Hunderttausender kampferprobter Berufssoldaten. ARMINIUS hat seine zwar recht beschränkten, aber dennoch erfolgversprechenden Möglichkeiten voll erkannt und diese mit bewunderungswürdiger Klugheit und genialer Führungskraft genutzt. Mit eisernem Durchstehvermögen und fast unmenschlicher Kaltblütigkeit, mit gewaltiger Entschluß- und Tatkraft hat er eine Leistung vollbracht, der seine militärischen Gegner – wenn sie ehrlich waren – Anerkennung zollen mußten.

 

“Schicksale von Völkern können daran hängen, daß ein außerordentlicher Mensch gewisse Seelenspannungen und Anstrengungen ersten Ranges in gewissen Zeiten aushalten kann.” Dieser Ausspruch Jacob BURKHARDTs (1) trifft genau jene Situation, in der sich ARMINIUS während der Jahre seines mehr als gewagten Doppelspiels und Freiheitskampfes befand.

 

(1) Jacob BURCKHARDT, Schweizer Kulturhistoriker (1818 – 1897)

 

ARMINIUS ist, wenn nicht immer als Sieger, so doch in Wahrheit als eigentlicher Gewinner aus dieser größten römisch-germanischen Auseinandersetzung hervorgegangen.

 

Vergleicht man seine Kämpfe mit anderen sogenannten Schicksalsschlachten” der späteren europäischen Kriegsgeschichte, wie beispielsweise mit Jena, Waterloo, Sedan, der Marneschlacht oder Stalingrad, gewinnen seine Taten eine überhöhte Bedeutung.

 

Wohl zogen alle diese Schlachten – ganz gleich, wer sie gewonnen oder verloren hatte – militärisch-politische Folgen von allergrößter Tragweite nach sich, jedoch war die Auswirkung der ARMINIUS-Erfolge eine ganz andere. Sie vorbestimmten nämlich den gesamten historischen zukünftigen Lebensweg ganzer Völkerschaften über Jahrhunderte weg, in diesem Falle den der späteren Deutschen.

 

ARMINs Taten haben, ohne sie überzubewerten, einen der ganz großen Wendepunkte in der Geschichte Europas eingeleitet und sich damit als Ausgangspunkt deutscher Geschichte erwiesen. Sein Kampf leitete eine Zeitenwende ein. Er hatte in der Tat welthistorischen Charakter und bedeutete, daß Rom zu der klaren Erkenntnis kam, daß dieser “Barbarenkrieg” nicht zu gewinnen war. Es zog daraus die Konsequenz, daß es seine Eroberungskriege, die über ein Vierteljahrhundert so viel an Blut und Gut gekostet hatten, schließlich aufgegeben hat – aufgeben mußte und von da ab eine Rückzugs- und Bewahrungspolitik betrieb, eine Entscheidung, die sich als Schicksalswende für die gesamte noch freie Germanenwelt erwies.

 

Es gelang ARMINIUS, die Zwangsherrschaft abzuschütteln, die alte Freiheit wiederzugewinnen und dem noch freien Germanien seinen Lebensraum zu erhalten und zu sichern.

 

Dies war nur möglich geworden, weil es seiner Führungspersönlichkeit, seinen überlegenen Geist und seiner Durchsetzungskraft gelungen war, die Anführer der Nordweststämme von seinem Plan zu überzeugen und zum Mitmachen zu bewegen – ein äußerst schwieriges Unterfangen. Gemeinsam erlebtes und erduldetes schweres Schicksal und die daraus erwachsene Kampfgemeinschaft bewirkten darüber hinaus auch ein erstes gemeinsames Erfolgserlebnis und damit ein engeres Zusammengehörigkeitsgefühl, war es ihm doch gelungen, den globalen Ordnungsanspruch Roms zu brechen – ein für das gesamte noch freie Germanien einzigartiges, selbstwertförderndes Ereignis, das mit dazu beitrug, daß die einzelnen Stämme im Verband zusammenwirkten und über ihren kleinlichen Hader über sich selbst hinaus- und zusammenwuchsen.

 

Es ist nicht zu hoch gegriffen, wenn man ARMINIUS die Fähigkeiten zu weiträumigem politischem Vordenken bescheinigt. Hierzu gehören ganz wesentlich die von ihm angestrebten Bündnisse zwischen größeren germanischen Völkerschaften – getragen von der Notwendigkeit, sich gegenüber dem wachsenden Eroberungsdruck erfolgreich erwehren und behaupten zu müssen. Sein Endziel war sicherlich ein ständiger Großverband unter seiner Führung nach dem Modell MARBODs.

 

Im Zusammenhang mit ARMINs Bündnispolitik ist es interessant zu prüfen, wie weit das solidarische Verhalten der damaligen Stämmesverbände untereinander entwickelt war und inwieweit die Gemeinsamkeit des Blutes und der Sprache, der Landschaft, der Erziehung, der Religion, des Brauchtums, des Rechtwesens und nicht zuletzt des germanischen Schicksals bei ihnen eine Art von eigenem Zusammengehörigkeitsbewußtsein ausgebildet hatte.

 

Es ist eigentlich schwer verständlich, daß all diese völkischen Übereinstimmungen – insbesondere dann, als ihr unbändiges Freiheitsgefühl und ihre nackte Existenz unter den grausamen Druck der fremden Eindringlinge gerieten – ganz offenbar nicht zu einem ständigen einheitlichen Staatsgebilde geführt haben.

 

Zwar waren sich die Germanenstämme bestimmt ihrer gemeinsamen Heimat, Abstammng und Religion bewußt – darin bildeten sie durchaus ein zusammenhängendes Ganzes -, jedoch waren sie von dem Gedanken eines gemeinsamen Großverbandes meilenweit entfernt, dazu waren sie viel zu individualistisch.

 

Wie sollten sie auch enger zueinander finden, wenn sie mit ihren allernächsten Nachbarn nicht immer in Frieden lebten?

 

Diese Zersplitterung machte aber auch einen römischen Sieg über einen einzelnen Stamm ziemlich bedeutungslos – die große Masse überlebte.

 

Zu gemeinsamem Handeln kam es nur dort, wo so charismatische und so überragend starke Persönlichkeiten wie die eines ARIOVIST, eines MARBOD oder ARMINIUS als Motor für einen, wenn auch nur zeitlich begrenzten, engeren Schulterschluß wirkten; ansonsten haben stammesbedingter Lokalpatriotismus, föderalistische Eigenbrötelei und Machstreben vorgeherrscht. Außerdem werden die noch heute im deutschen Charakter vorhandenen schlimmsten Eigenschaften wie Neid, Mißgunst und Egoismus, aber auch der geradezu zerstörerische Hang zur Selbstzerfleischung sowie übertriebener oder falsch verstandener Treuebegriff eine eigentlich doch recht naheliegende Entwicklung zum Zusammengehen gehemmt haben. Mit einer germanischen “Solidarität” war es also nicht weit her; völlig undenkbar war eine zentralgelenkte Einheit.

 

Im Inneren einer Völkerschaft gab es keine straffe Führung. Über den Stämmen fehlte es an jeder größeren politischen Kräftevereinigung. Zwar berieten die angesehensten Geschlechter wichtige Entscheidungen vor, der endgültige Beschluß lag jedoch bei der Volksversammlung aller Freien, das heißt bei der waffenfähigen Mannschaft.

 

“Politik” wurde also innerhalb einer in Klassen gegliederten Volksherrschaft ausgeübt. Es war eine vorwiegend aristokratisch bestimmte. Im Falle eines Notstandes hing alles von persönlich frei geschlossenen Bündnissen zwischen den jeweiligen Führern ab, was bei den oft von starrer Eigenwilligkeit beherrschten Stammesoberhäuptern äußerst unsicher war.

 

Um so höher steht deshalb das Verdienst des ARMINIUS, der es allein durch seine Begeisterungs- und Überzeugungskraft geschafft hat, Stämme, die weit entfernt lebten und noch nicht unmittelbar betroffen waren, zauderten oder sich gerade noch befehdet hatten, zum gemeinsamen Kampf gegen Rom zu gewinnen und über die Dauer des ganzen Krieges fest an sich zu binden.

 

Zur Bildung größerer und bleibender Einheiten hat diese Entwicklung aber erst im 3. Jahrhundert geführt; da werden dann beispielsweise aus Brukterern und Chatten die Franken, aus Markomannen und Sueben die Bayern, und die Cherusker gehen in einer der größten Völkerschaften, den (Nieder-) Sachsen auf.

 

Ein anderer Grund waren die damals rapide anwachsenden Bevölkerungszahlen, die eine Art “Stau” vor den römischen Rhein- und Donaugrenzen bewirkten und kleine und mittlere Stammesgruppen zum Zusammenschluß – schon aus rein ökonomischem Zwang – finden ließen.

 

Ob ARMINs Sieg für die Germanen und für die Zukunft von Vorteil war, dies zu beurteilen ist von der jeweiligen persönlichen Einstellung abhängig. Wer es bedauert, daß Germanien nicht eine “Befreiung”, “Befriedung” und “Verschmelzung” erfuhr, wie es beispielsweise den römischen Provinzen Gallien, Spanien, Britannien, Dakien und den vielen kleineren Völkern geschah, die von der “Wölfin” vereinnahmt wurden, der wird seinen Kampf für nutzlos und seine Politik für verfehlt halten. Wer eigene Sprache und Kultur, ungehinderte Selbstbestimmung, Selbstverantwortung und ungestörte Eigenentwicklung höher stellt, für den wird er der große, furchtlose Streiter für die Bewahrung der Wesenseinheit jedes Volkes sein, nicht nur für uns Deutsche.

 

In jedem Fall war durch ihn Germanien in seiner Kernsubstanz von Besatzung, mentaler Umerziehung und Ausbeutung frei geblieben, freilich auch frei geblieben von den Segnungen einer bereits überzüchteten, dekadenten Hochzivilisation mit ihrer technischen Perfektion und all ihren schönen Verführungen, das heißt also auch mit all ihren schädlichen Einflüssen, verderbenbringenden Lastern und Gefahren.

 

Das Hauptindiz für die Richtigkeit von ARMINs entschiedenem Widerstand ist, daß das riesige Römerreich letztendlich an sich selbst zerbrach, nämlich an seiner inneren Fäulnis, was er allerdings damals nicht voraussehen, wohl aber vorausahnen konnte. Auch in der jüngsten Weltgeschichte gibt es frappierende Parallelen!

 

Es liegt nahe, einmal darüber nachzudenken, was geschehen wäre, wenn es einen ARMINIUS nicht gegeben hätte und die gnadenlosen Kolonisierungs- und Umerziehungsmethoden Roms gesiegt hätten.

 

Zunächst wäre unter anderem ganz sicher die Sprache dieser nordischen Völkerschaften verschwunden. Es wäre eine lateinische Kolonialsprache entstanden, die vielleicht noch einige germanische Restelemente bewahrt hätte. Sprache aber ist die Hauptgrundlage für eine eigene Kultur und für die Wesensbildung eines Volkes. Sprache ist gleichsam sein “Lebensstrom” – seit langem ist bekannt, daß Minderheiten, denen die Muttersprache genommen wird, auf die Dauer nicht lebensfähig sind. Ein solcher Wandel hätte ohne jeden Zweifel die totale innere und äußere Veränderung Germaniens bewirkt. Man mag dies beurteilen, wie immer man will – damit wären seit Jahrhunderten gewachsene, tief verwurzelte Wesenseigentümlichkeiten für alle Zukunft beseitigt worden. Das würde sich noch tiefgreifender ausgewirkt haben, wenn die Unterjochten von einer allmächtigen, einseitig ausgerichteten, gewalt- und machtbesessenen Zentralgewalt aus regiert worden wären.

 

Wie die unterlegenen Kelten wären die Germanen zu einer kulturell unselbständigen und politisch kraftlosen Masse römischer Bürger gemacht worden.

 

Ob dieser tiefgreifende Prozeß durch die spätere Völkerwanderung, also nach einem halben Jahrtausend Romanisierung, noch hätte verhindert werden können, steht dahin. Daß er nicht stattfinden konnte, ist ein Verdienst des ARMINIUS. Der durch seinen unbeirrbaren und erfolgreichen Kampf um die Freiheit ungebrochen gebliebene Unabhängigkeitssinn ermöglichte es den jungen, unverbrauchten Völkern des europäischen Nordens alles das, was sie an Fremdem als wichtig erachteten, allmählich ganz ohne Zwang anzunehmen und unter voller Bewahrung ihrer Identität zu selbständigen Schöpfungen umzusetzen. In solch freier Entfaltung ihrer ureigenen Fähigkeiten haben sie der Welt einmalige und unschätzbare menschliche und geistige Werke und Werte von faszinierender Vielfalt geschenkt, ohne die die abendländische Kultur weitaus ärmer und unvollständig geblieben wäre. Während das alte Rom seine politische Rolle weitgehend ausgespielt hatte, gelangten die einstmals Unterdrückten zu hoher Blüte und konnten kraftvoll und maßgebend mitteleuropäisches Leben mitgestalten und bereichern.

 

ARMINIUS – MARBOD – GERMANICUS

 

Alle drei Männer sind Zeitgenossen und altersmäßig nur wenig auseinander. Ihr Leben und Wirken findet in der dramatischen Epoche der großen römisch-germanischen Auseinandersetzung statt und ist schicksalhaft miteinander verstrickt.

 

Alle drei sind herausragende Führernaturen – jeder in seiner Art von außerordentlicher jugendlicher Energie, Intelligenz und persönlicher Ausstrahlung.

 

Alle drei erstreben den Sieg unter grundverschiedenen Zielsetzungen; und es sind sehr unterschiedliche Motive, nach denen sie handeln.

 

Der Cherusker ARMINIUS kämpft in einem aussichtslos erscheinenden Krieg gegen die geballte Macht des römischen Weltreichs um die Befreiung seines Vaterlandes und erstrebt den Zusammenschluß der großem germanischen Stämme.

 

Der Markomanne MARBOD hat mehrere große Germanenstämme in einem Königreich vereint, lehnt aber den Zusammenschluß mit ARMINIUS ab, dessen politischer Weitblick ihm fehlt. Egoistisch strebt er die Festigung der eigenen persönlichen Macht an.

 

Der Römer GERMANICUS führt die Eroberungspolitik Roms um des persönlichen Ruhmes und politischen Einflusses willen und verfolgt sein Ziel mit brutalem Terror und Völkermord.

 

ARMINIUS wird auf der Höhe seiner Erfolge Opfer eines hinterhältigen Mordes durch seine engsten Verwandten. Er wird 37 Jahre alt.

 

MARBOD büßt seine hohe königliche Stellung ein und beschließt sein Leben im römischen Exil. Er wird 61 Jahre alt.

 

GERMANICUS fällt in Ungnade und verliert sein Leben durch das Gift ränkevoller Intriganten. Er wird 33 Jahre alt.

 

So ist allen dreien das eine gemeinsam, daß jeder ein Opfer von Neid, Haß, Verrat, Machtstreben und Intrige wird.

 

Bis in unsere Zeit hinein begleiten diese Grundübel menschlicher Verirrung – als tödliche Kehrseite von Glück und Erfolg – die großen geschichtlichen Entwicklungen. Immer wieder führen sie zu Ereignissen, die verheerende und weitreichende Folgen haben werden. Und es ist nicht zu bezweifeln, daß unzählige politische Krisen, blutige Konflikte und langandauernde, grausame Kriege aus diesen niedrigen Motiven heraus entstanden sind.

 

ARMINIUS und SIEGFRIED

 

Nicht ganz auszuschließen ist die Theorie, daß ARMINIUS als Sohn des SIGIMER und Mitglied der “Sig”-Sippe (SEGIMUND, SEGESTES, SEGIMER. SEGITHANK. SIGISTER) mit seinem germanischen Namen “Sigfrid” oder “Sigurd” hieß, denn ARMINIUS ist lediglich sein römischer Name. Ähnlich gab man seinem Bruder – ursprünglich vielleicht Sigbert genannt – den lateinischen Namen “FLAVUS” (Blondkopf). Tatsächlich sind uns die germanischen Namen der Brüder überhaupt nicht bekannt.

 

Über ARMINIUS ist von TACITUS bezeugt, “daß sein Andenken in den Liedern seines Volkes fortlebte”, die der römische Schriftsteller vielleicht noch hundert Jahre später in den römischen Heerlagern gehört hat, wenn sie dort von den germanischen Söldnern gesungen wurden.

 

An dieser Stelle sei der Phantasie ein Gedankenflug mit dem nicht ohne weiteres abzuweisenden Bezug auf die Siegfried-Sage erlaubt, gibt es doch bei ARMINIUS und SIEGFRIED gewisse recht auffällige Übereinstimmungen.

 

Hier ist es der siegreiche Bezwinger des römischen “Heerwurms”, dort der Sieger über den riesigen “Lindwurm”, und beide Helden finden das gleiche tragische Ende: Sie werden durch ein Mitglied der eigenen Sippe hinterlistig ermordet. Wer denkt beim heimtückischen INGOMER oder dem fanatischen Römling FLAVUS, dem Einäugigen, nicht an den finsteren, herzlosen HAGEN VON TRONJE? Ein Zufall? Und ist es purer Zufall, daß die Person des SIEGFRIED ausgerechnet aus Xanten stammt, jenem römischen Hauptlager Castra Vetera, wo die Erinnerung an die ruhmreichen Taten des ARMINIUS unter den germanischen Auxiliarsoldaten sicherlich noch am lebendigsten war und von Generation zu Generation weitergegeben wurde? Bis dann einige Jahrhunderte später, in der Merowingerzeit, dieser Stoff der dichterischen Gestaltung der Sage von SIEGFRIED und den Nibelungen mit eingeflossen ist und sich schließlich im Nibelungenlied, dem deutschen Nationalepos, aufgezeichnet findet…

 

Es ist jedenfalls nicht ausgeschlossen, daß der sagenhaften SIEGFRIED-Gestalt die historisch belegte Gestalt des ARMINIUS zugrunde liegt. Wären beide Figuren möglicherweise in ihrer historischen Wurzel identisch, dann könnten die zweifellos vorhandenen Ähnlichkeiten und Übereinstimmungen eine Erklärung finden. Mag sein, daß eine – tief im germanischen Volk wurzelnde – Heldenerzählung zuerst von Mund zu Mund weitergegeben wurde und lebendig geblieben ist, wobei sie sich im Laufe der Zeit mit anderen Erzählungen durchdrang, veränderte und erweiterte, die ursprüngliche Heldengestalt jedoch und ihr tragisches Schicksal im Kern erhalten blieb.

 

Damit, daß “ARMINIUS, der Römerbezwinger”, und „SIEGFRIED, der Drachentöter”, sehr nahe beieinanderstehen, wollen wir es bewenden lassen.