Arminius the Liberator

 

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FAQs

 

 

ARMINIUS und die Externsteine

 

Einer gelehrten Vermutung zufolge soll HERMANN der Cherusker nach der Schlacht im Teutoburger Wald an den in seinem heiligen Hain am Nordrand des Eggegebirges befindlichen Externsteinen von einer “steinernen Kanzel” herab an seine Anführer und Krieger eine Ansprache gehalten haben.

 

Inwieweit hier lippischer Lokalpatriotismus beteiligt ist, sei dahingestellt – jedoch, in alten Geschichten steckt oft ein Körnchen Wahrheit.

 

Auch TACITUS (Annales I, 61) merkt an, daß ARMINIUS nach der Schlacht von einer “erhöhten Stelle” aus zu seinen siegreichen Stämmen gesprochen habe. Diese allerdings auffallende Parallele mag nichts zu sagen haben, aber es gibt dort tatsächlich einen in den Sandstein gearbeiteten , sogenannten “Rednerstuhl”, den eine bemerkenswerte akuistische Eigenschaft auszeichnet. “Wegen der im Rücken befindlichen Schallwand der Felsen in Verbindung mit dem sich trichterartig öffnenden Tal kann ein Redner weitverständlich zu einer vieltausend-köpfigen Menge sprechen, ohne durch Echo gestört zu werden.” (LANGEWIESCHE)

 

Die Externsteine – heute das vielleicht bedeutendste Natur- und Kulturdenkmal der Region – liegen in der engeren Heimat des ARMINIUS. Die Menschen, die vor zweitausend Jahren aus dem Dunkel fast undurchdringlicher Wälder traten, werden in heiliger Scheu vor dieser gewaltigen, skurillen Felsformation gestanden und ihr magische Bedeutung beigemessen haben. Für sie muß dieser Platz ein heiliger Ort gewesen sein, wenn sie in ihm nicht gar eine Wohnung ihrer Götter sahen. So liegt es sehr nahe, daß eine solche Götterburg mit der von TACITUS genannten, in einem heiligen Bezirk gelegenen “Teutoburg” durchaus identisch sein kann.

 

Dieser überwältigende Eindruck ergreift uns Heutige nicht minder stark, und selbst GOETHE erlag diesem “Zauber”. (1)

 

(1) GOETHE im Jahre 1824 angesichts der Externsteine: “Ich fand mich wie in einem magischen Kreis befangen und fühlte mich in dem behaglichsten Zustand, weil man sich für einen Augenblick wähnte, man habe sich das Unfaßlichste zur unmittelbaren Anschauung gebracht.”

 

Wie sonst erklärt sich gerade dieser Ort als eines der attraktivsten Touristenziele Norddeutschlands mit jährlich 1.5 Millionen Besuchern?

 

Die monumentale, rund 40 Meter hohe Gesteinsgruppe im Herzen der einstigen germanischen Kernlande, mit ihren teils von der Natur, teils von Menschenhand geschaffenen Felsgebilden und künstlichen Einbauten, steht seit jeher im Mittelpunkt des kulturhistorischen Interesses. Unzählige engagierte Wissenschaftler, Heimatforscher und Laien haben sich mit ihrer Geschichte oft im Widerstreit beschäftigt. Das überrascht nicht, hat doch auch diese geheimnisvolle Stätte immer wieder neue Rätsel aufgegeben.

 

Noch scheut sich die Wissenschaft aller beteiligten Disziplinen, deutlich von einer “vorchristlichen Kultstätte” zu sprechen, weil die diesbezüglichen Beweise nicht ausreichen. Die Beschäftigung mit dieser Stätte hat zwar über die Jahrzehnte hinweg zu einer wahren Flut von Veröffentlichungen geführt, die häufig genug noch von den jeweiligen Zeitgeistströmungen beeinflußt sind, zu einer endgültigen Klärung ist es aber bis heute nicht gekommen. Tatsächlich ist der Umfang des archäologisch Gesicherten noch immer ziemlich dürftig, und so wird wohl auch in Zukunft vieles für uns rätselhaft bleiben.

 

Dabei fällt auf, daß das Thema “Externsteine” offenbar eines dieser berühmten “heißen Eisen” darstellt, das viele Historiker nicht anfassen wollen. Meist wird es aus den fachlichen Abhandlungen ausgeklammert. Warum eigentlich? Will man, weil sich zum Teil fragwürdige Personen und phantistische Vorstellungen über diese Stätte in den Vordergrund drängen, eine stichhaltige wissenschaftliche Beschäftigung damit aussetzen – oder werden solche und andere Gründe nur vorgeschoben, um eine ernsthafte Debatte nicht führen zu müssen?

 

Das wäre sehr zu bedauern, denn die sachliche Auseinandersetzung mit diesem Themenkreis ist dringend notwendig. Das öffentliche Interesse an historischen Dingen ist inzwischen ganz erheblich gewachsen.

 

Der naheliegende Gedanke muß erlaubt sein, daß dieser “Eccestan” (angelsächsisch Mutterstein) bzw. der “Eggesternstein” schon zu Zeiten des ARMINIUS – also lange, bevor die christlichen Missionare ins Land kamen – kultischen Zwecken gedient hat. Möglicherweise haben Teile davon schon als eine Art steinernes “Kalendarium” zur Beobachtung der Gestirne gedient. Die Annahme einer Kultstätte liegt jedenfalls nahe, auch dann, wenn es damals die umstrittenen künstlichen Einbauten mit “Sazellum” und “Grotten” noch nicht gegeben haben sollte.

 

Wir kennen zahlreiche andere Beispiele dafür, daß besonders Landschaftsbildungen kultische Bedeutung für die Germanen hatten. Unwillkürlich denkt man zuerst an die auf die Sommersonnenwende geortete gewaltige Steinanlage von Stonehenge in Südengland. Wir kennen aber auch das Lavafeld von Thingvellir der skandinavischen Germanen, wo das isländische “Parlament” alljährlich, und zwar stets zur Sommersonnenwende an sogenannten “Gesetzesfelsen” zusammentrat. Auch die berühmten “Bruchhauser Steine” im Sauerland haben nachweislich eine vorchristliche Bedeutung, wie auch viele weitere Kultplätze, die durch sichere Beweise belegt sind. Warum sollte also ausgerechnet diese “Götterburg” – so erscheint sie uns noch heute – kein Sitz vorchristlicher Naturgötter gewesen sein, denen schon “ein gewisser ARMINIUS” vermutlich sogar als religiöses Oberhaupt seines Herrschaftsgebietes gehuldigt hat?

 

Sie soll ausschließlich dem neuen, einzigen Gott geweiht gewesen sein? Daß man heute trotz intensiven Forschens wenig Konkretes darüber weiß, ist eigentlich kein Wunder – allzu gründlich wurde nach CAROLUS MAGNUS das damals noch tief verwurzelte, alte “Heidentum” verketzert, verfemt, verfolgt und schließlich mit Stumpf und Stiel ausgerottet. Ausgelöscht “zur hohen Ehre des römischen Gottes”. Der Glaube der Väter wurde zum Aberglauben erklärt, allenfalls lebte er als “Hexen- und Teufelswerk” fort.

 

Man weiß heute um die christliche Umdeutung nicht nur von Festtagen und mythischen Gestalten, sondern gerade auch von einst heidnischen Symbolen und Plätzen, so daß die Auszeichnung eines Ortes durch eine besondere christliche Bezeichnung fast immer ein untrügliches Indiz für die einst hervorragende heidnisch-kultische Bedeutung ist – man denke nur an den berühmten “Hexentanzplatz” bei Thale im Harz gegenüber dem Felsenkultplatz “Roßtrappe”, der das Hufeisensymbol zeigt. Nach TACITUS hielten die Germanen heilige Pferde in heiligen Hainen. Es entsprach ihrer Naturreligion, die Gottheit in Werken der Schöpfung wie in besonderen Räumen, Quellen, Felsen und Tieren zu sehen und zu verehren. Bildwerke ihrer Götter fertigten sie nicht an.

 

Es ist unbestritten, daß sich die Missionierung einer solchen Vereinnahmungspraxis ganz allgemein bedient hat und sie besonders zur Karolingerzeit, und dort mit unmenschlicher, kriegerischer Härte gepaart, anwandte. Wie erbarmungslos die Religion der Nächstenliebe gegen die Heidenvölker vorging, bezeugt der über dreißigjährige Krieg KARLS gegen die Sachsen WIDUKINDs. Wieviel wertvolles Blut, geistiges Gut, Brauchtum und Kultur ist hier für immer verlorengegangen!

 

Es ist also so abwegig nicht, wenn man eine unmittelbar und womöglich kultisch überhöhte Verbindung zwischen ARMINIUS und den Externsteinen annimmt. Denn es besteht noch eine weitere, sehr wichtige Beziehung, über die die zeitgenössischen Quellen keine Auskunft geben. Das Gebiet um die Externsteine muß schon damals als Mehrländereck eine neutrale Zone gebildet haben, die für mehrere Germanenstämme das gemeinsame Grenzland darstellte. Dort herrschten die Götter, dort herrschte Burgfrieden. Mit großer Wahrscheinlichkeit trafen sich hier auch die Anrainer zu Beratungen, Gerichtssitzungen und Kampfwettspielen, ähnlich wie im antiken Olympia, sowie zu den großen religiösen jahreszeitlichen Festen. In dieser größeren Gemeinschaft konnten germanische Stämme – nicht nur die Cherusker – ein engeres Zusammengehörigkeitsgefühl entwickeln. Im gemeinsamen Erleben von Herkunft, Sitte und Brauchtum, Fühlen und Denken – vor allem aber durch die sie alle verbindende Gemeinsamkeit ihres Götterglaubens – mochten sie vielleicht sogar ein größeres Germanien erahnen…

 

Trotz aller Zwietracht muß das die geistige Dimension gewesen sein, die alle umspannte. Gelang es einem Edlen, diese Kräfte zu wecken, so war das für die Menschen der Wille der Götter.

 

ARMINIUS muß sehr genau um diesen “gemeinsamen Nenner” des Germanentums gewußt und fest auf ihn gebaut haben – damals vor zweitausend Jahren! Er brachte diese Saite zum Klingen und errang damit, kraft des ihm von den Heidengöttern verliehenen Heils, einen schier unglaublichen Sieg!